Wertvolle
Kundenerlebnisse
bieten
Béatrice Sidler leitet seit zwei Jahren das Multichannel Management der Zürcher Kantonalbank – ein zentraler Bereich. Die Kundinnen und Kunden sollen die Bank über alle Kanäle hinweg gleich verantwortungsvoll, impulsgebend und leidenschaftlich erleben. Im Interview erklärt die Innerschweizerin, wohin die Reise des Multichannel Managements gehen soll und wie sie ihre Aufgabe bis jetzt wahrgenommen hat.
Im Sinne von «Fail fast – learn faster» gilt es, Fehler zuzulassen und ein agiles Mindset in der Organisation zu leben.
Béatrice Sidler, Multichannel Management
Frau Sidler, gemäss Ihrem Dialekt stammen Sie aus der Innerschweiz?
(Lacht) Genau. Ich bin im Kanton Obwalden, in Sarnen, aufgewachsen und habe da auch mehrheitlich meine Berufszeit verbracht. Mit meiner Familie – meine Kinder sind noch schulpflichtig – habe ich meinen Lebensmittelpunkt nach wie vor dort. (Anm. d. Red. Béatrice Sidler war fast zwei Jahrzehnte bei der Obwaldner Kantonalbank in verschiedenen Funktionen tätig, zuletzt als Geschäftsleitungsmitglied Marktsupport & Unternehmensentwicklung.)
Inwiefern hat Sie Ihre Heimat geprägt?
Als Urschweizerin stehe ich für Gemeinsames ein, integriere und suche gemeinsam nach Lösungen. Zudem gibt es für mich keinen besseren Ort, um neue Energie zu tanken, als in der Ruhe der Berge. Kurzum: Meine Heimat hilft mir, geerdet zu bleiben.
Was hat Sie am Wechsel zur Zürcher Kantonalbank gereizt?
Besonders in den letzten zehn Jahren habe ich mich als Mitglied der Geschäftsleitung den Themen Digitalisierung, Agilität und Organisationsentwicklung verschrieben. Weil mich Events und Weiterbildungen in dieser Zeit oft nach Zürich geführt haben, konnte ich hier den Puls der Digitalisierung und Innovation spüren. Der Austausch in Netzwerken und mit Experten, überhaupt die grossen Gestaltungsmöglichkeiten, die ich bei der Zürcher Kantonalbank gesehen habe, bewogen mich zudem zu diesem Wechsel.
Spüren Sie Unterschiede in der Kultur der beiden Banken?
In der DNA sind sich Kantonalbanken trotz unterschiedlicher Grössen wohl ähnlich – was ich schätze. Unkomplizierter Austausch, gegenseitiges Vertrauen, aber auch die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden, tagtäglich Themen voranzutreiben, dies alles spüre ich bei beiden Banken. Unterschiede gibt es natürlich trotzdem, denn genau gleich gross sind die beiden Banken ja bekanntlich nicht. Durch die Grösse ist bei der Zürcher Kantonalbank der Gestaltungspielraum für Eigenentwicklungen grösser. Kurzum: Ich habe mich hier von Beginn weg wohlgefühlt.
Und was schätzen Sie besonders an Ihrem Job?
Einerseits natürlich, dass wir bei den vielen Kontakten, die wir im Jahresverlauf mit den Kundinnen und Kunden auf unseren Kanälen haben, einen grossen Beitrag zur Kundenzufriedenheit leisten und damit auf die Markenwerte einzahlen. Und andererseits begeistert mich der Teamgeist, den wir im Multichannel Management pflegen. Ich bin umgeben von Mitarbeitenden, die etwas bewegen und Verantwortung übernehmen wollen. Das gemeinsame Vorwärtskommen, einander herauszufordern und der inspirierende Austausch untereinander bereichern meinen Alltag. Genauso wie der Wille, Neues auszuprobieren und bei aller Ernsthaftigkeit und Zielorientierung auch zusammen Spass zu haben. Es macht mir ganz einfach Freude, Zeit mit Menschen zu verbringen, die stolz darauf sind, für die Zürcher Kantonalbank und ihre Kundinnen und Kunden das Beste zu geben.
Die Kundinnen und Kunden entscheiden heute selbst, wann, wie und wo sie mit uns in Kontakt treten wollen.
Und innerhalb der Organisation?
Hier schätze ich speziell die übergreifende Zusammenarbeit. Wir arbeiten u.a. mit dem Produkt- sowie dem Segments- und Salesmanagement eng zusammen. Dabei entstehen Lösungen mit echtem Mehrwert für den Vertrieb und die Kundinnen und Kunden. Schliesslich spielt es keine Rolle, wer für den Kanal und wer für das Produkt zuständig ist, er oder sie braucht das passende Produkt zum richtigen Zeitpunkt auf dem für ihn oder sie relevanten Kanal.
Ihr Bereich entwickelt und verantwortet die Kanäle, auf denen die Kundschaft mit unserer Bank in Kontakt tritt. Was sind aktuell die zentralen Aufgaben?
Vorweg: Die Kundinnen und Kunden entscheiden heute selbst, wann, wie und wo sie mit uns in Kontakt treten wollen. Hier setzen wir an. Wir wollen ein konsistentes Kundenerlebnis, relevante Inhalte sowie hohe Sicherheit und Zugang zu unseren Dienstleistungen über sämtliche Kanäle hinweg bieten. Zudem begleiten wir sie auf dem Weg in die Selbstbedienung, etwa mit der zuletzt lancierten Info-App und dem täglichen Support über unsere Hotline.
… und apropos Weiterentwicklung?
Bei der Weiterentwicklung und dem Unterhalt des Kanalangebots legen wir grossen Wert auf das Wie. Wir stellen uns dabei folgende Fragen: Machen wir es aus Kundensicht wirklich gut? Gehen unsere Lösungen tatsächlich auf das Kundenbedürfnis ein? Begleiten wir die Kundinnen und Kunden auf ihrer Reise auf unseren Kanälen so nah wie möglich – und geben wir ihnen relevante Antworten auf ihre Fragen? Das alles macht letztlich den Unterschied.
Welche Akzente setzten Sie hier?
Im Alltag wollen wir jederzeit relevant für die Kundinnen und Kunden bleiben. Das heisst: Im Idealfall erkennen wir ihre Bedürfnisse noch vor ihnen und sprechen sie mit den dazugehörigen und für sie wichtigen Inhalten an unseren Schnittstellen an. So begleiten wir sie bestmöglich durch den Alltag und bleiben ihnen positiv in Erinnerung. Neben dieser Kundenzentrierung darf nicht vergessen gehen: Für ein funktionierendes Multichannel Management müssen nicht nur die Kundinnen und Kunden bequem und sicher Zugang zur Bank erhalten, sondern auch unsere Kundenbetreuerinnen und -betreuer. Sie müssen sich ebenso bequem durch den Alltag bewegen können und mit vorausschauenden Informationen über die Kundinnen und Kunden versorgt werden.






Pilotstandort am Bahnhof Stettbach und «Filiale der Zukunft» in Winterthur
Im Berichtsjahr eröffneten wir am hochfrequentierten Bahnhof Stettbach eine neue Geschäftsstelle. Es handelt sich um ein Pilotprojekt mit dem Ziel, unser künftiges Dienstleistungsangebot enger auf die sich verändernden Kundenbedürfnisse abzustimmen. Der Standort unterscheidet sich in seinem Auftritt deutlich von den bestehenden Standorten der Bank. Mehr Farben, viel Holz und Pflanzen sowie Tische, Bänke oder auch ein Sofa schaffen eine besondere Atmosphäre und laden zum Verweilen ein. Auch das Dienstleistungsangebot unterscheidet sich von jenem einer klassischen Filiale. Den Bankschalter sucht die Besucherin oder der Besucher vergebens. Dafür sticht ein grosser Tisch in der Mitte des Raumes ins Auge. Hier kann man Platz nehmen, um sich auszutauschen, und eine interaktive Projektion für die Beratung testen. Das digitale Tool unterstützt spielerisch bei der Wahl eines für die jeweilige Lebensphase passenden Bankpakets. Für privatere Gespräche können sich Kundinnen und Kunden mit den Mitarbeitenden auf das Rundsofa in der Besprechungsecke zurückziehen.
Neben einem neuen Markenerlebnis liegt der Fokus vor allem auch auf der Befähigung zur Nutzung von digitalen Kanälen wie eBanking, Bezahllösungen für KMU und Tipps, wie man sich vor Cyberkriminalität schützen kann.
Stettbach ist ein erster Schritt in Richtung des Bankstandorts der Zukunft. Einen zweiten Schritt gehen wir in Winterthur, wo wir mit dem Umbau der Filiale Untertor begonnen haben. Im Juni 2022 soll diese nach neuer Konzeption eröffnet werden. Sie enthält alle Elemente des Pilotstandorts Stettbach sowie weitere Neuerungen für die optimale Kundenberatung. Zusätzliche Informationen zu den neuen Standorten können Seite 66 entnommen werden.
Was bedeutet das langfristig?
Intelligente Systeme und Assistenten, Artificial Intelligence und Personalisierung sowie erhöhte Ansprüche an die Konvergenz der Kanäle rücken in den Fokus. Trends, die wir heute in unsere Strategien und Konzepte miteinbeziehen. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist eine agile Organisation. Im Sinne von «Fail fast – learn faster» gilt es, Fehler zuzulassen und ein agiles Mindset in der Organisation zu leben. Da wollen wir unser Wissen und unsere Erfahrung aus dem Multichannel Management vermehrt innerhalb unserer Bank teilen.
Im Markt werden vermehrt Digitalbanken lanciert. Die Angebote lehnen sich an diejenigen der Neobanken an. Plant die Zürcher Kantonalbank Ähnliches?
Wir verfügen punkto Bankleistungen über ein sehr gutes Digitalangebot, aber eine reine Online-Bank planen wir nicht. Als nahe Bank legen wir höchsten Wert darauf, dass die Kundinnen und Kunden auf ihrer Reise Nähe spüren, auch im Digitalen. Digitalisierung und Selbstbedienung ergeben Sinn, wir müssen den Kundinnen und Kunden jedoch auch immer die Möglichkeit bieten, an physischen Kontaktpunkten persönlich von uns beraten zu werden.
Ist das für die Zukunft schnell genug?
Aus meiner Sicht entscheidet nicht nur die Schnelligkeit über Erfolg oder Misserfolg in der Digitalisierung. Ebenso wichtig ist die Frage, ob man auf die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden die richtigen Antworten findet und die Bedürfnisse auch wirklich befriedigt. Das bedeutet für uns, digitale Entwicklungen gekonnt und konvergent in unsere Systeme einzubauen. Wir wollen uns komplett an der Customer Journey ausrichten. Und dies in höchster Qualität und mit durchgängigen Prozessen. Wir stellen die Kundinnen und Kunden in den Mittelpunkt, dürfen aber dabei nicht an Geschwindigkeit verlieren. Dank unserem Know-how und unserer Agilität gelingt uns dies bis jetzt sehr gut. Beispiele zeigen, dass derjenige, der die richtige Nase hat und fokussiert Entscheide fällt, gewinnt – und nicht derjenige, der immer nur der Schnellste sein will.
Können Sie uns ein Beispiel nennen?
In der Coronakrise stieg innert weniger Tage der Bedarf nach persönlichem Kontakt mit der Kundenbetreuerin und dem Kundenbetreuer – nur eben im Digitalen. Bald konnten wir die Online-Beratung anbieten und wir entwickeln diese zusammen mit Kundinnen und Kunden und Mitarbeitenden laufend weiter.
Inwiefern hat die Zeit der Pandemie Auswirkungen auf die Kanäle der Bank?
Im Detail haben sich die Interaktionen der Kundinnen und Kunde über unsere Website während des Lockdowns nahezu verdoppelt. Inzwischen sind sie wieder etwas zurückgegangen, liegen aber weiterhin deutlich über dem Niveau vor Corona. In der Selbstbedienung war während des Lockdowns eine Verlagerung vom Mobile Banking zum klassischen eBanking auf dem Desktop zu beobachten. Diese Entwicklung war ein vorübergehender Effekt, da die Leute vermehrt zu Hause waren. Inzwischen hat Mobile Banking wieder klar die Nase vorn.
Wir wollen uns komplett an der Customer Journey ausrichten. Und dies in höchster Qualität und mit durchgängigen Prozessen.
2020 hat die Zürcher Kantonalbank mit der Vorsorge 3a-App frankly einen Coup gelandet. Wann und in welchem Bereich kommt das nächste Vorzeigeprodukt?
Mit frankly haben wir wahrlich ein Vorzeigeprodukt herausgebracht. Mit unseren internen Partnern prüfen wir laufend verschiedene Ideen zu ereignisbezogenen Themen im Bereich von Finanzieren, Geldverkehr & Passivgeschäft, Anlegen, Unternehmen oder, wie mit frankly, zur Vorsorge. Die Info-App habe ich schon erwähnt. 2021 lancierten wir unseren neuen Webauftritt zkb.ch und starteten mit der Weiterentwicklung des Auftritts von eBanking Mobile. Wir sind also stets bestrebt, grössere und kleinere Coups zu landen.
Wenn die Leute alles via Mobile-Banking erledigen: Wie müssen die Filialen künftig aussehen?
Das Banking der Zukunft besteht darin, ein durchgängiges Kundenerlebnis zu bieten. Hierzu testen wir ein neues Konzept für unsere Filialen. Als Erlebnis- und Begegnungsort sollen diese für das finanzielle Wohlergehen der Kundinnen und Kunden sorgen, und zwar nicht nur mit kompetenter Beratung, sondern auch durch die Integration von digitalen Angeboten und Kanälen. Dabei hat auch das eine oder andere «Near-Banking»-Angebot Platz. Damit setzen wir ein klares Zeichen für die Bedeutung des physischen Standorts und unterstützen die Kundinnen und Kunden auf ihrer Reise auf unseren Kanälen, ob physisch oder digital. Erfahrungen mit solchen Konzepten sammelten wir bereits im Büro Züri und im Freiraum. Auch der neue Standort Stettbach, der 2021 eröffnet wurde, kommt in einem neuen Design daher und die Inhalte sind auf die lokalen Bedürfnisse abgestimmt.
In Ihre Anfangsphase bei unserer Bank fiel auch der coronabedingte Lockdown. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Die ersten zweieinhalb Monate war ich in Projektteams unterwegs, habe zugehört, versucht, mir über die vielfältigen Themen ein Bild zu machen. Im Lockdown kam dann die Homeoffice-Phase, in der ich natürlich viel lieber den persönlichen Kontakt zu meinem Team und den Mitarbeitenden gepflegt hätte. Gleichzeitig haben wir auch alle viel gelernt und uns dank unserem digitalen Gedankengut schnell auf die neuen Gegebenheiten eingestellt.
Ihr Bereich klingt auch für Hochschulabsolventinnen und -absolventen verheissungsvoll. Wie kommt man zu einem Job im Multichannel-Management?
Grundsätzlich sollte ein Interesse für die Umsetzung der Digitalisierung in der Bank vorhanden sein, ebenso wie die Bereitschaft, in einem dynamischen Team die Kundenschnittstelle der Zukunft mitzugestalten. Interessierten bieten wir dazu spannende Einstiegs- sowie Vertiefungsmodule an. Weiter vermitteln wir die Grundlagen zum agilen Projektvorgehen aus der Perspektive eines Business Engineers. Das Miterleben, wie neue Funktionen in unseren digitalen Kanälen entstehen, vermittelt ein vertieftes Verständnis für die agile Software-Entwicklung und Business-Analyse sowie -Engineering.
Ihr wichtigster Rat an Berufseinsteiger?
Sei neugierig und leidenschaftlich, bring dich aktiv ein, trau dich zu fragen. Übernimm Verantwortung! Also ganz im Sinne unserer Markenwerte handeln.
Wie digital sind Sie eigentlich selbst?
Mein Interesse an digitalen Themen ist gross, natürlich. Dennoch gehöre ich nicht zu denjenigen, die jede mögliche App herunterladen. Daran sollte man sein persönliches Interesse an Digitalisierung auch nicht messen. Wichtig ist aus meiner Sicht, ob digitale Lösungen wirklich einen Nutzen bringen, ganzheitlich Sinn machen. Übrigens: Ich kann ab und zu auch problemlos ohne Smartphone herumlaufen.
Interview: Alther Nirmala,
Themenmanagerin Unternehmenskommunikation Zürcher Kantonalbank
Fotos: Stefan Walter
Illustration: Niels Blaesi